
Nichts bleibt. Es wird Zeit zu leben.
Klaus Hoffmann (* 1951)
Am Ende bleibt: Nichts? Da ist es wieder, das Nichts. Und mir scheint, immer wenn es auftaucht, gibt es auch allergische Reaktionen dagegen: »Ich glaube nicht an das Nichts«, »es muss doch mehr als Nichts geben«, »welchen Sinn würde sonst alles machen« usw.
Ich meine auch zu beobachten, dass das durchweg christliche Reaktionen sind. Andere, die sich jedenfalls nicht explizit als Christen bezeichnen, scheinen weniger Probleme mit dem Nichts zu haben.
Es lohnt sich, noch ein wenig über dieses Nichts nachzudenken. Vor allem glaube ich, dass das sehr fruchtbar sein kann, um Alles besser zu verstehen.
»Nichts bleibt«, dieser Satz aus dem Lied von Klaus Hoffmann könnte auch von Jesus kommen, wenn er das Ende der Welt ankündigt (vgl. Mk 13).
»Es wird Zeit zu leben« – das würde Jesus dann so formulieren: Es wird Zeit, wachsam zu sein (Mk 13,35). Und das meint wahrscheinlich dasselbe.
Nur Gott kennt den Tag und die Stunde. Wir – und das schließt Jesus als Sohn Gottes ein (!) – wissen »nichts«.
Unser Leben ist ständig vom Nichts bedroht, wenn man es so betrachtet. Jederzeit kann das Nichts in unser Leben hineinbrechen.
Wir kommen mit ihm in Berührung, wenn wir einen Menschen verlieren. Oder in Katastrophen, wenn plötzlich – praktisch über Nacht – alles weggerissen wird und am nächsten Morgen nichts mehr übrig ist von dem, was gestern noch unser Leben ausgemacht hat. Klingt theoretisch, ist aber spätestens seit der Flut im Ahrtal nicht mehr nur symbolisch zu verstehen.
Bevor wir also das Nichts beiseite schieben, sollten wir – finde ich – kurz inne halten und diese Erfahrungen würdigen. Das Nichts ist keine blöde Häresie, sondern für viele, viele Menschen eine reale Erfahrung (und auch Bedrohung).
Wir sollten deshalb – finde ich – auch nicht einfach Gott beschwören, in dessen Hände wir doch fallen. Jemand, der gerade wesentlich tiefer gefallen ist, als in Gottes Hand, könnte dadurch noch tiefer verletzt werden.
Schließlich lautet doch das Credo der jüdisch-christlichen Tradition: Du sollst Dir kein Bild machen von Gott. Und das erinnert uns daran, dass wir alle im Kreis um eine unverfügbare Mitte sitzen. »Nichts« soll in dieser Mitte sein, das Gottes Platz einnehmen könnte.
Wer sich mit den Mystikern beschäftigt, begegnet dem »Nichts« und auch als Franz von Assisi sich bekehrt, heißt es in der Dreigefährtenlegende: »Von diesem Tag an begann er, das eigene Nichts zu spüren«.
Die Auseinandersetzung mit dem Nichts, entfernt uns offenbar nicht von Gott, sondern ist Teil eines Reifungsprozesses, der uns wachsen und alles tiefer erkennen und verstehen lässt.
Zu einem erwachsenen Glauben gehört auch die Bereitschaft, dem Nichts nicht auszuweichen und ein Bewusstsein dafür zu entwickeln, dass wirklich Neues nur dort entsteht, wo auch Raum dafür ist und »nichts« es hindert.
Das Nichts ist ein Teil des Lebens, liegt aber jenseits meiner Kontrolle und Verfügung, denn ich bin ein Teil des Lebens und das Leben ist stets größer als ich. Ich würde meine christliche Erfahrung so beschreiben: Das Nichts hat für mich ein Gesicht. Und möglicherweise sind Nichts und Alles letztlich zwei Seiten derselben Medaille.
Ich wünsch Dir einen schönen Sonntag.
Pace e bene,
br. Jan
ATEMPAUSE
EINATMEN
Ich besitze nichts …
AUSATMEN
… und alles wird mir geschenkt.
JOURNAL
Was würdest Du tun, wenn »nichts« Dich hindert? 😉
EINE STIMME AUS DEM GROSSEN KREIS
»Ich habe den Mut bekommen, ein Ehrenamt in Angriff zu nehmen.«
Lani
EREMOS-WOCHEN
GEBET
Große Liebe,
alles in dieser Welt
geht von Dir aus
und kehrt zu Dir zurück.
nichts in meinem Leben
möge wichtiger sein
als Du.
Amen.
PERLENGEBET
… der mit uns auferstanden ist.